Wie alles begann – die Anfänge des „Historischen Marktes“
Im Jahr 1974 fasste der Gemeinderat in Bad Essen den Beschluss, zur Erinnerung an die nachweislich erste Erwähnung der Ortschaft Bad Essen in einer Urkunde aus dem Jahr 1075 das 900jährige Jubiläum zu begehen. Und zwar für die gesamte Gemeinde Bad Essen. Die Gemeinde Bad Essen war in ihrer heutigen Größe, bestehend aus 17 ehemals selbständigen Gemeinden, erst im Zuge der Gebietsreform 1972 geschaffen worden. Anfangs waren nicht alle Einwohner davon überzeugt, dass eine solche Großgemeinde gut für alle Bürger sorgen könnte. Es gab folglich Misstrauen und Zweifel. Ein damals viel geäußertes Vorurteil war, die neue Gemeinde kümmere sich nur um den zentralen Ort, also die Ortschaft Bad Essen, und vergesse dabei die Bedürfnisse der anderen 16 Ortschaften. Deshalb sollte mit einer großen Jubiläumsfeier, die sich quasi mit Einzelveranstaltungen über das gesamte Jahr 1975 verteilt, der Einigungsprozess beschleunigt werden – das Zusammenwachsen der 17 Ortschaften zu einer neuen Gemeinschaft. Dies war das Hauptmotiv.
Der Schul- und Kulturausschuss des Gemeinderates, dessen Vorsitzender damals Oberstudienrat Günter Auding aus Brockhausen war, wurde federführend mit der gesamten Organisation beauftragt. Es wurden vier Arbeitsgruppen gebildet.
Arbeitsgruppe I wurde von Ratsmitglied Alfred Knefelkamp geleitet. Unterstützung erhielt er von der Verwaltung durch den damaligen Gemeindeinspektor Eckhard Grönemeyer. Die Gruppe kümmerte sich um einen großen Blumenfestumzug. Dieser Festumzug, für den jede der 17 Ortschaften zwei bis drei Festwagen beisteuerte, war der Höhepunkt des Veranstaltungsjahres. Er fand am 24. August 1975 bei strahlendem Sonnenschein statt und endete an den großen Festzelten an der Reithalle in Eielstädt. Einen solch prächtigen und aufwendigen Festzug mit vielen Blumenmotiven hatte es vorher nie gegeben. Die Bürger und Besucher waren förmlich euphorisch. Es war ein großes Gemeinschaftswerk gelungen, dass das Zusammenwachsen der 17 Ortschaften sicher ein gutes Stück gefördert hat.
Von der Arbeitsgruppe II unter Führung von Ratsmitglied Horst Gieselmann, damals Konrektor, wurde eine Foto- und Gemäldeausstellung dargeboten.
Unter Leitung von Ratsmitglied Fritz Düffelmeyer, Auktionator von Beruf, wurden in der Arbeitsgruppe III weitere Veranstaltungen im Jubiläumsjahr organisiert und es wurde ein Programmheft herausgegeben.
Arbeitsgruppe IV organisierte unter Leitung von Günter Auding die Herausgabe einer umfangreichen Chronik für die Gemeinde Bad Essen.
So fand am 22. und 23. August 1975 der erste Historische Markt auf dem Kirchplatz in Bad Essen statt; quasi als Einstimmung für den großen Blumenkorso am Sonntag, 24. August. Der Markt war sehr improvisiert, es gab noch kein Unterhaltungsprogramm, nur einige Marktstände verteilten sich auf dem Platz. Da gab es Ernst Massmann aus Hüsede, der regelmäßig die Wochenmärkte in Osnabrück als Erzeuger und Vermarkter aufsuchte. Er bot in Bad Essen auf einem Leiterwagen Obst und Gemüse an. Karl Kunz, der damalige Inhaber des Weinhauses Kunz, bot Restposten bestimmter Weine an, und zwar auf sehr unterhaltsame Weise. Fritz Düffelmeyer versteigerte als Auktionator einige Gegenstände für den guten Zweck. Fritz Buck und einige andere waren mit von der Partie. Der Historische Markt war damals sehr interessant, aber ausbaufähig. Beim ersten Mal war es nur Improvisation. Hinzu kommt, dass die Gemeinde damals finanziell noch auf sehr „schwachen Füßen“ stand, so dass für den Historischen Markt quasi keine Haushaltsmittel zur Verfügung standen. Marktmeister war damals Eckhard Grönemeyer, auch absolut unerfahren mit der Organisation einer Marktveranstaltung, die es so vorher nicht gab. Der nicht nur Wochenmarkt, sondern gleichzeitig auch eine große Freiluft-Veranstaltung mit Unterhaltungsprogramm in der Zukunft werden sollte.
Der damalige Redakteur des Wittlager Kreisblattes, Klaus Weißenborn, der schon beim Karneval in Bad Essen mit Büttenreden sein künstlerisches Talent unter Beweis gestellt hatte, fand großen Gefallen am Markt und unterstützte die Veranstaltung medial in besonderer Weise.
Als Werbemittel wurde vom zweiten „Historischen Markt“ eine Ansichtspostkarte als Collage aus einer Vielzahl von einzelnen schwarz-weiß Fotos gefertigt, die die Akteure der Anfangszeit zeigen.
Das Bildmotiv zeigt, dass sich schon bei der ersten Wiederholung viele Bürger mit unterschiedlichen Fähigkeiten einbrachten und damit bei der Erfolgsgeschichte des Historischen Marktes mitwirkten.
Fotos: E. Grönemeyer
Ab dem 2. Historischen Markt (27. und 28. August 1976) hat eine Gruppe von Mitarbeitern aus dem Rathaus, federführend von Günter Harmeyer und Gisela Klostermann, Pickert gebacken und verkauft.
1977 wurde dann das Pickert backen aufgegeben und es wurde der "Saftladen" gegründet. Der "Saftladen", zum Teil bereits in 2. Generation, ist noch heute Anziehungspunkt und Treffpunkt für Alt und Jung.
Der Historische Markt entwickelte sich über Jahrzehnte zu einer Großveranstaltung, die weithin bekannt ist. Wenn in den Anfangsjahren rd. 40 Stände auf dem Kirchplatz am Historischen Markt teilnahmen, so sind es heute rd. 155 Stände zwischen dem Kirchplatz und der katholischen Kirche.
Der Historische Markt hat im Laufe der Jahrzehnte viele Änderungen durchlaufen - u.a. die Erweiterung der Marktfläche.
So wurde ab 1984 zusätzlich zum Kirchplatz die Lindenstraße zwischen Platanenallee und Charlottenburgweg in das Marktgeschehen mit einbezogen.
1993 und 1994 hat man den Markt auf die Nikolaistraße und den Karlsplatz erweitert. Die Nikolaistraße wurde aber wieder aufgegeben.
1995 erfolgte die Erweiterung der Marktfläche auf der oberen Lindenstraße zwischen Charlottenburgweg und Nikolaistraße.
2002 wurde der Markt auf die untere Lindenstraße zwischen Kreisel am Rathaus und Kreisel an der kath. Kirche ausgedehnt. Der Bereich der oberen Lindenstraße (Charlottenburgweg bis Nikolaistraße) wurde aufgegeben.
Im Jahr 2003 gab es die nächste Änderung - der Historische Markt fand erstmals an 3 Tagen statt. Der Sonntag wurde mit einbezogen und zum ersten Mal wurde ein plattdeutscher ökumenischer Gottesdienst auf dem Kirchplatz abgehalten. Trotz aller Unkenrufe - der Sonntag hat sich ab dem ersten Tag etabliert.
Auch die Marktmeister wechselten im Laufe der Jahre:
1975 - 1985 Eckhard Grönemeyer
1986 - 1990 Ernst-August Quade
1991 - 1997 Günter Harmeyer
seit 1998 Robert Wellmann
Bis heute hat der Historische Markt in Bad Essen nichts von seiner Originalität verloren und darauf sind wir besonders stolz.
2020 - Der erste Bad Essener Sommer ohne Historischen Markt seit 1974
Erstmals seit 1974 feiert Bad Essen im Jahr 2020 keinen Historischen Markt. Eigentlich ist das für Bad Essen unvorstellbar.
Im Jahr 2020 erfasst uns die COVID-19-Pandemie. Das ganze Land steht still, ja sogar die ganze Welt. Veranstaltung müssen abgesagt werden, die Menschen müssen Abstand zueinander halten. Schulen, Kindergärten, Gaststätten, Dienstleister und Geschäfte werden geschlossen und erst nach und nach, mit sehr vielen Auflagen, wieder geöffnet. Ein bis dahin unvorstellbares Szenario.
Es waren sich alle einig, der 46. Historische Markt 2020 kann nicht ausfallen.
Es wurden rund 24 Banner im Bereich zwischen Rathaus und ev.-luth. Kirche, mit verschiedenen Marktmotiven, aufgestellt.
Der 1. Historische Markt Livestream "Live in jue Stuoben" wurde geboren. Die Macher dieser Liveshow haben wirklich alles gegeben und ein super tolles Programm aufgezogen. Dieser "Historische Markt" wird noch lange in Erinnerung bleiben.
Auch 2021 musste der Historische Markt abgesagt werden, 2022 konnte der Historische Markt endlich wieder gefeiert werden.
Fotos: E. Grönemeyer